Seit ich der Liga der Kleinhundehalter beigetreten bin beobachte ich folgendes Phänomen immer öfter. ICH werde nicht mehr begrüßt, sondern mein Hund!
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Als Hundehalter eines „Normalos“ fing es schleichend an. Der Hund wurde vor mir begrüßt, denn "Hallo" wurde eine Aufforderung für ihn und entwickelte sich zum neuen Reiz. Der Hund nahm also "Hallo" zum Anlass Menschen ausgiebig zu kontrollieren.
Meine Freunde waren immer begeistert, wenn mein Hund sich soo freute sie zu sehen… „Guck mal, Der begrüßt MICH!" Wenn sie wüssten, dass mein kleiner Kontrollfreak sie nur abcheckte und zwar wegen Fressen, Beute und Konkurrenz. Naja, Selig sind die Ahnungslosen.
Innerhalb der Familie waren die großen Hunde (Boxer, Schäferhund) noch Hunde und wurden auch wie solche behandelt. Sie hatten Einschränkungen in Bezug auf Bewegungsraum oder Liegeplatz und Verhaltensregeln mussten eingehalten werden (Betteln am Tisch etc.).
Wobei aber auch da nach persönlichen Vorlieben differenziert wurde. Für den Schäferhund wurde immer frisches Rinderherz gekauft, liebevoll zubereitet und kredenzt. Der Boxer bekam gelegentlich ein gekauftes „Leckerli“.
Nun, bei Dackel Else ist alles anders!
Nicht nur dass Else Enkelkind Charakter bei den Senioren hat. Wenn die Tür geöffnet wird, ertönt ein sehr erfreutes „Das Elschen“. Dann wird der eigens für den Dackel erkorene Schrank geöffnet, damit dieser sich einen der drei Bälle aussuchen kann. Diesen darf der Dackel selbstständig aus dem Schrank entnehmen, danach gibt es meist Futter. Die Balkontür wird bei gutem Wetter geöffnet, damit der Dackel aus der Vogeltränke saufen kann. Bei Schlechtwetter wird das Wasser im Napf serviert. Dann wird Else beim Sonnen auf der Penthouse Terrasse beobachtet und alle Bewegungen sofort mitgeteilt.
„Hast du gesehen? Sie war am Rhododendron, wie niedlich sie an der Blüte geschnuppert hat.“ kommt von Oma, worauf Opa bemerkt: “Hat se Recht, der stank schon immer!“
Und, was aufgefallen? Ja? Wo war ICH als Mensch währenddessen?
Nun, ich kann froh sein, wenn die Tür für mich noch offen bleibt, sobald der Hund durch ist. Eigentlich bin ich nur der Chauffeur des Dackels. Ich kann froh sein, wenn für mich an einem guten Tag ein schräger Blick und - „Ach, wie geht’s?“ - übrig bleibt. Eine Antwort wird nicht wirklich erwartet, ich habe ja schließlich Else bringen können und das ich noch lebe sieht man ja.
Wobei ich es dem grauen Rat nie übel nehme und ihre Freude an Else ist mir genug.
Anders ist das beim Shoppen oder beim Gassi gehen draußen, selbst für uns fremde Menschen begrüßen Else wie eine bekannte Persönlichkeit und die übliche Begrüßungsfloskel "Hallo" ist oft mehr an den Hund gerichtet als an mich. Was lustiger weise dazu geführt hat, dass der Dackel erst bellt, wenn Besuch an der Tür "Hallo" sagt und die Klingel nicht mehr beachtet wird. Erfolgt das "Hallo" nicht, bleibt sie ruhig. Sollte ich insgeheim dankbar sein für die neue Ablaufkonditionierung meines Hundes?
Das geht schon so weit, dass Else nach vorne geht, sobald irgendwo ein "Hallo" ertönt. Ob an uns/mich gerichtet oder nicht, spielt keine Rolle für Else. Dies kann im Straßenverkehr mit einem nicht angeleinten Hund zu gefährlichen Situationen führen, ebenso wenn Passanten meinen Hund über die Straße hinweg begrüßen. Mal ehrlich, was soll das?
Manchmal finde ich das putzig, wenn Menschen meinen Hund vor mir begrüßen, wie bei den Senioren, ansonsten eher nicht. Ich schätze die Vermenschlichung von Hunden nicht und bin der Meinung, Hund bleibt Hund und Hallo ist nur für mich! Ich möchte gerne die Wertschätzung meiner Mitmenschen erfahren und zumindest vor meinem Hund begrüßt werden. Ebenso möchte ich meinem kleinen Kontrollfreak weder die Initiative noch die Führung überlassen, weil sie damit mehr Aufgaben bekommt als sie leisten kann und schnell in die Überforderung rutschen kann. Und was ich noch gut regulieren kann, überfordert andere Hundehalter schnell und führt dann zu Problemen in Form von Kontrollverhalten. Das alles ausgelöst durch ein lapidares "Hallo". Anthropomorphismus (Zuschreiben menschlicher Eigenschaften gegenüber Tieren) finden sowohl ich als auch mein Hund nur bedingt lustig.
Denkt mal drüber nach.
Petra Puderbach, Dackelfrauchen. Seit Jahrzehnten Hundehalterin, natürlich am Neu Denken für Else. Für ein besseres „MIT HUND!“