Neulich beim Hundehalter Seminar als der Dozent fragte, ob wir Futter für unsere Hunde dabei haben und eine Teilnehmerin umgehend mit: "Nein, aber ich habe Leckerlis mit!" antwortete, worauf der Dozent schmunzelnd erwiderte: “Also doch Futter!“ Es stellte sich mir ebenfalls die Frage:
Sind Leckerchen denn kein Futter? Warum werden Leckerchen nicht als Futter wahr genommen?
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Was ist mit Oma, die Waldi auf dem Sofa mit Leckerchen voll stopft und zusätzlich noch den gut gefüllten Napf in die Küche stellt, dachte ich sofort. Ich hörte mich auch gleich selbst antworten: Der Waldi ist ja nicht fett, der hat bestimmt nur schwere Knochen.
Weshalb sehen Hundehalter dieses Thema so kontrovers?
Warum ist man ein "schlechter" Hundehalter, wenn man die schon verfütterte Leckerli-Menge von der täglichen Gesamtfuttermenge abzieht? Und warum haben Leckerchen einen komplett eigenen Stellenwert in der Futter-Hierarchie?
Sind denn in Leckerchen für den Hund keine Nährstoffe enthalten? Sättigen sie unsere Hunde denn nicht?
Die Qualität der Leckerchen bezüglich der Inhaltsstoffe und dem Nährwert mal außer Frage gestellt. Viele Hundehalter beschäftigen sich ohne Zweifel sehr stark mit der Frage was sie verfüttern, doch wozu die Differenzierung zwischen Leckerchen und Futter?
Ist es vielleicht der psychologische Wert?
Wir alle haben in unserer Kindheit mit großer Freude das Bonbon und den Schokoriegel von Opa empfangen und uns dadurch geliebt gefühlt! Mit liebevollem Blick gibt die Mutter dem Kind das Eis, mit dem Gefühl etwas Gutes getan zu haben und Ja, wir mögen es, sowohl zu Geben als auch zu Bekommen. Diese Extrazuweisung eines ganz besonderen Leckerbissens erzeugt jede Menge gute Gefühle in uns. Und so ist auch Oma mit Waldi auf dem Sofa fest davon überzeugt, ihrem Waldi etwas durch und durch Gutes zu tun, nämlich ihre manifestierte Liebe in Form eines Leckerchens!
Oder ist es der Physiologie des Hundes geschuldet?
Schließlich muss der Hund ernährt werden, ob aus dem Napf oder aus der Hand, hat schließlich keinen Einfluss auf den Nährwert oder die Qualität des Futters. Hier zählt dann einzig und allein die Zusammensetzung, die Komplexität in Bezug auf Vitamin- und Mineralgehalt und die Zufuhr der Kalorienmenge, unter Berücksichtigung eventueller Allergien oder Krankheiten.
Wo liegt nun der Unterschied zwischen Leckerchen und Futter?
Natürlich gibt man dem Hund ein Leckerchen nicht mit dem Zweck ihn vollwertig zu ernähren, sondern weil wir etwas damit erreichen wollen. Wir wollen damit eine bestimmte Reaktion unseres Hundes provozieren, sei es eine körperliche Interaktion, eine positive Bestätigung einer Lektion oder eben ein gutes Gefühl für uns selbst. Im Idealfall werden alle drei Erwartungen erfüllt und dann haben wir sogar etwas, was sich neuerdings unter dem Begriff des „Super-Leckerchens“ durch die Foren verbreitet.
Oder schmeckt das Leckerchen etwa anders als Futter?
Unsere Hunde wissen nicht, dass es Läden mit zig verschieden Sorten an Hundefutter gibt – es ist ihnen schlichtweg egal. Für unseren Hund zählt doch nur WANN und WIEVIEL er an Nahrung von uns bekommt.
Da Hunde einen wenig ausgeprägten Geschmackssinn haben, wird Futter hauptsächlich über den Geruch wahrgenommen, wobei ich mich da in meinem persönlichen Empfinden weit von meinem Hund entferne, was er wunderbar findet "stinkt" mir unheimlich.
Und was ist denn eigentlich ein Leckerchen und was nicht?
Eine Handvoll vom täglichen Trockenfutter würde doch den gleichen Zweck erfüllen wie ein Leckerchen und etwas Besonderes ist es doch nur, weil wir es dazu machen – ergo Leckerchen sind Futter, wenn es an den Inhaltsstoffen und dem Nährwert gemessen wird.
Wir Hundehalter stellen besondere Ansprüche an Hundefutter und Leckerchen bezüglich Mobilität, es muss gut mitzunehmen, portionierbar und leicht zu verabreichen sein. Wenn das alles erfüllt wird, fehlt nur noch unser gutes Gefühl. Futter ist also immer auch Leckerchen, Leckerlis sind immer auch Futter. Wir mögen beides, der Hund mag beides und das ist gut so.